Donnerstag, 27. Januar 2011

Moralische Probleme in der deutschen Bahn?

Neulich erst passiert: ich sitze wie üblich in der Bahn. Habe für etwas mehr Geld zwei Sitzplätze reserviert. Für mich und mein sehr großes, schweres und unhandliches Gepäck. In dem Koffer befindet sich auch mein Laptop, daher lasse ich ihn nicht aus den Augen. Der Zug Hannover-Dortmund ist stets sehr voll. Eine ältere Dame spricht mich an, ob der Platz belegt sei. Ich kläre sie über die Reservierung auf. Sie regt sich auf, wird laut, fragt mich, wie ich das verantworten kann ältere Menschen stehen zu lassen und das dies gar nicht rechtens sei. Und ob ich kein schlechtes Gewissen hätte. Ich vermeide eine Diskussion (Tonlage und Lautstärke hätten zu nichts geführt) - wir warten beide auf den Schaffner. Als dieser dann kam klärt er die Situation diplomatisch. Ich habe bezahlt, daher ist es mein Recht. Die ältere Dame ist empört, einige Passagiere in der Umgegend regen sich noch immer über diese Jugend von heute auf. Es ist nicht so, dass ich es nicht schade finde, dass die Dame jetzt einen neuen Sitzplatz finden muss, aber sie hatte die gleichen Möglichkeiten zu reservieren wie ich. Der Zug ist von der Bahn überall mit Reservierungsempfehlung ausgeschrieben. Wann immer ich mal zu spät diesen Zug erwische passiert es mir, dass ich stundenlang unbequem auf dem Boden zwischen den Waggons und neben den stinkenden Toiletten reisen muss, wo ständig jemand an mir vorbei muss. Auch ich kenne die andere , unangenehme Art zu reisen. Aber dann muss ich damit leben - Ich hätte auch anders reisen können (später, mit Sitzplatzreservierung). Warum regen sich einige Zeit später Menschen um mich herum immer noch so auf? Weil ich vorausschauend war? Ich suche die Schuld eher bei der Bahn. Sie hätte die Dame besser beraten sollen. Oder mehr Sitzplätze zur Verfügung stellen sollen. Das Problem ist ja nicht seit gestern erst bekannt, kenne es seit vier Jahren. Und ja ich habe moralische Probleme. Die alte, meckernde Dame tat mir, wie viele andere die schmachtenden Blickes an mir vorbei gehen, leid. Nur was tue ich? Unbequem reisen, damit es anderen besser geht? Es gibt zu wenige Menschen die so etwas auch für einen jungen Mann mit schwerem Gepäck tun würden. Zudem zahle ich überteuerte über 60 Euro (über 70 mit Reservierung) für eine Reise mit noch weiteren Unannehmlichkeiten. Ist das dekadent? Ist es übertrieben? Ja vielleicht. Aber ist auch: erlaubt, legal, für jeden machbar und somit in meinen Augen nicht unfair. Nicht sonderlich heldenhaft. Aber ich hielt mal wieder an meinen Prinzipien fest. Das Dilemma mit der Moral bleibt.

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