Dienstag, 28. Februar 2012

...und der Füllfederhalter des letzten Jahrtausends

Vor einiger Zeit bin ich auf ein Relikt meiner Vergangenheit gestoßen: meinen alten Füllfederhalter von Lamy. Nicht, dass er verschollen war - nein, nur gut aufgehoben in einem Metall-Etui, damit ich ihn etwa 1-2x im Jahr benutzen kann. Dann wurden Briefe an die Brieffreundin in England geschickt oder Liebesbriefe für die Heldin verfasst.
Kurz vor der Weihnachtszeit kam bei mir das Thema "entschleunigen" auf. Was in meinem Beruf und Tagesalltag nicht immer ganz einfach ist. Also galt es: sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.
Als ich so meine Aufzeichnungen des letzten Workshops durchforstete fiel mir auf, wie viele Punkte von den notierten 200 es bis zur Abnahme durch den Kunden geschafft haben: nämlich 10. Quasi habe ich 190 Punkte notiert und diskutiert, die gänzlich unsinnig waren. Warum also der Aufwand? Zudem konnte ich meine Notizen kaum selbst lesen.
Also: Patrone in den guten alten Füllfederhalter, das Ding wieder zum Schreiben bewegen und den Kugelschreiber weggelegt. Nach ein wenig Eingewöhnung muss ich sagen, gefällt es mir sehr gut. Ich kann meine Notizen wieder lesen und ich konzentriere mich mehr auf wichtige Dinge und habe den Kopf frei diese auch sauber zu bearbeiten.
Einziges Problem: der alte Füllfederhalter schmiert wie sau, tropft manchmal und kratzt über das Papier....was war hier los? Ja gut...er ist alt. Aber ich habe neulich mit Erstaunen feststellen dürfen wie teuer diese Biester eigentlich sind. Jetzt weiß ich warum die Eltern einer Freundin früher immer so gemotzt haben, weil der "Füller" wieder kaputt war. Da kann man ja arm bei werden! Mal ganz zu schweigen davon, wenn man sich was wirklich edles gönnen möchte. Nunja. Irgendwann einmal...wie so vieles auf meiner Liste.
Aber...wie das Schicksal so will entdecke ich bei Cassy Bouffier's Wochenrückblick einen kleinen Tip: den Füllfederhalter in kaltes Wasser, damit sich alte Tinte löst. Aha? Und das soll gehen? Ausprobieren!
Heute Morgen schnell ein sauberes Glas Wasser aus dem Schrank, schön kaltes Wasser hinein und die Spitze des Schreibers hinein getunkt. Siehe da! Es löst sich eine große Menge Tinte! Ich bin baff. Gut aussehen tut es auch noch, daher fix ein Foto. Jedes Mal wenn das Glas undurchsichtig war habe ich mal das Wasser gewechselt. So beim 7ten Glas kam keine schwarze Tinte mehr, sondern nur noch blaue. Mit dieser habe ich vor über 12 Jahren das letzte mal geschrieben, seither nur in Schwarz. Kann das sein? So alte Tinte steckte noch in dem Ding? Nach weiteren 3 Gläsern strömte leicht bräunliche Suppe aus dem Schreibgerät. hmmm...Rost? Nein...das kann nicht sein, oder doch? Nach reichlich Anstrengung meiner grauen Zellen fiel es mir ein. Der Füllfederhalter wurde zum Test im Schreibwarenladen vor knapp 14 Jahren mit roter Tinte ausgestellt. In der Zeit lasse ich gelten, dass diese mittlerweile braun aussieht. Nach einigen weiteren Reinigungsgängen war alles raus. Auch die anderen Teile wurden gereinigt und seitdem flutscht er nur so über das Papier. Daran muss ich mich erstmal wieder gewöhnen.
Das Rätsel um den kratzigen alten Füllfederhalter ist nun gelöst. Bis zum nächsten Abenteuer!

Montag, 27. Februar 2012

Der Job lief gar nicht wie geplant - Teil II

Helles Licht - nichts weiter. Überall weiß. Himmel und Erde eins, kein Horizont. "Bin ich tot?" fragte sich delight und meinte zu blinzeln. Nein tot nicht, aber einen Körper hatte sie auch nicht. Kurz darauf fiel es ihr auf. Das gewohnte Gefühl nicht in der Realität zu sein. Laut und deutlich sprach sie aus: "Hallo?". Es hallte.
Wenige Sekunden später hörte sie die vertraute Stimme ihres Arztes: "Hallo Schätzchen. Bitte bleib wo du bist. Ich habe dich eingejackt und dein DNI übersteuert. Jeder Versuch dich auszulog..." in dem Moment krachte es in delights Schädel. Blitze durchzuckten ihren Geist und für eine Sekunde nahm sie ein Brennen in ihrem physikalischem Kopf wahr. Nur eine Sekunde später erneut ein heftiger Stromstoß, dann die ermahnende Stimme des Arztes: "Ich hab gesagt du sollst das lassen! Dein DNI ist übersteuert - das ist quasi ein künstliches Koma für dich, aber du kannst wenigstens so mit mir sprechen. Wenn du jetzt aufwachst ersäufst du mir noch in Panik in der Nährlösung!".
Fast 4 weitere Tage musste delight in der "Suppe", wie sie sie nannte, liegen. Glücklicherweise konnte sie die Matrix frei aufsuchen und so vertrieb sie die Zeit damit Nachrichten zu lesen, ihre Communities mit erhöhter Aufmerksamkeit zu beglücken und online-Games zu zocken.
Dann war es soweit. Mit einem hydraulischen Surren öffnete der Tank mit der mittlerweile rosa-milchigen Nährlösung. Delight jackte aus, und ließ die Augen geschlossen. Sie atmete ruhig über die Beatmungsmaske. Sie zu spüren wirkte ein wenig erdrückend. Das fast schwebende Gefühl war angenehm. Das Aufstehen gestaltete sich als schwierig, denn die ölig zähe Masse musste erst langsam dem Körper platz machen. Als der Kopf aus dem Tank herausschaute spürte sie eine eisige Kälte. Sie wischte sich die Augen frei und nahm das Beatmungsgerät ab. Dann schaute sie sich um.
Eine große dunkle Halle. Nur ein paar Strahler in der näheren Umgebung, die einige medizine Geräte beleuchteten und den Tank. Sie entdeckte den Arzt und begrüßte ihn mit fast rauchiger Stimme: "Doc Jensen!", wobei sie das "Doc" reichlich langezogen betonte. Sie schaute aus fast 2 Metern Höhe aus der Tanköffnung zu ihm herab und fuhr fort: "Wo hast du mich nur hin verschleppt?". Er lächelte sie an und erläuterte: "Ich kann dich ja schlecht 4 Tage in der Klinik rumliegen lassen, wenn du nicht mal einen echten Namen vorweisen kannst. Somit musste ich den Tank leider zu einer 'Notfallwartung' einsenden.". Delight stand auf und watete langsam durch die "Suppe" Richtung Leiter. Sie war komplett nackt und die rosa-milchige Lösung glitt nur langsam von ihrem wohlgeformten Körper. Schwungvoll drehte sie sich auf die Leiter, was sie fast bereute, denn die glitschige Nährlösung ließ sie abrutschen, aber das Move-by-Wire-System aktivierte sich sofort und ließ sie das Gleichgewicht wieder herstellen. Unten angekommen zitterte sie am ganzen Leib. Es war ihr schon etwas peinlich, dass ihr Arzt nun ihren nackten Körper musterte und mit einem Handscanner abfuhr, aber nur so ist gewährleistet, dass die Seidenhaut-Anpassung auch funktioniert hat. Auch sie selbst musterte ihren Körper gründlich und war sehr erfreut. Alle Einschusslöcher waren verheilt und sauber versiegelt. "Hast du die Fingerabdrücke behandelt?", fragte sie mit zitternder Stimme. Eine knappe Anwort folgte: "Ist erledigt. Alles weg.". Nach etwa 5 Minuten Untersuchung in klirrender Kälte in der eisigen Halle und nur gewärmt von zwei 1000Watt-Strahlern konnte sich delight endlich in ein Handtuch kuscheln. Sie blickte den Doc an und fragte: "Wenn ich mich jetzt erkältet habe, kommst du vorbei und kochst mir Tee?"

Freitag, 17. Februar 2012

setzen sechs!

so oder ähnlich muss sich heute eine Kundin von mir gefühlt haben - dabei war ich ihr gar nicht böse. Wir haben ein gemeinsames Projekt am laufen. Die letzten zwei Wochen war die Testphase in der die Software getestet und Bugs gemeldet werden sollten.
Sie und ihr Kollege aus der Fachabteilung waren sehr fleißig dabei - teilweise bis zu acht Stunden am Tag wurde gemeinsam gewerkelt und probiert und besprochen. Im Laufe der ersten Woche wurde ich nun diverse Male konsultiert und auch Rückfragen gestellt.
Mitte dieser Woche wurde ich langsam nervös - erst ein Bug. Gestern prompt sieben neue und zwar welche die zwar zum lösen Kleinigkeiten waren im Testszenario allerdings sofort hätten auffallen müssen. Da war ich doch etwas platt. Was haben wir die letzte Woche gemacht? Morgen war die Abnahme geplant.
Schnell prüfte ich die Taskliste. Ja...nee...alles klar. Insgesamt 8 Bugs und 25(!) Änderungswünsche. Moooment...hatten wir nicht gesagt Änderungswünsche gibt es erst in der nächsten Phase?
Heute. Tag der Abnahme. Alle Bugs gefixt. Ein neuer taucht auf und ich weise die Kundin hin, dass dies heute evtl. nicht mehr zu lösen ist und die Testphase eventuell verlängert werden muss. Da kam es durch: wir können den toll geplanten Projektplan nicht halten...aber warum?
Ich erklärte ihr, dass die Bugs viel zu spät gemeldet worden waren und wir zu viel Zeit verschwendet hatten mit anderen Themen. Ruhe am Telefonhörer. Dann hastiges hörbares wutentbranntes Klicken in E-Mails. Leider bestätigte dies meine Aussage. Unbewusst durch meinen Faktenhinweis bin ich der Kundin ans Bein gefahren und habe sie verärgert. Das war gar nicht meine Absicht. Dann die Trotzreaktion: "Herr Held, dass ist jetzt aber nicht fair! Wir haben so lang gearbeitet und waren so fleißig!". "Ja! Fleißig! Am Thema vorbei!", dachte ich und versuchte es schöner in Worte zu verpacken, was mir nur halbwegs gelang.
Das ganze führte zu keinem Ziel. Ich verwies auf das Meeting in zwei Wochen indem wir die vergangenen Projektphasen eh Revue prüfen wollen.
Als ich aufgelegt hatte wollte ich kurz aufschreien, hielt dann jedoch inne und überlegte was gerade passiert ist. Ich habe jemanden darauf hingewiesen, dass schlecht gearbeitet wurde. Die Person trotzte mit kindlicher Abwehrreaktion. Ich glaube jeder der den Spruch "am Thema vorbei" jemals in einem eigenen Aufsatz gelesen hat weiß was man in dem Moment denkt: "blöder Penner! Woher soll ich wissen was du willst!". Da klingelte es. Der Kundin war gar nicht klar, was Ziel dieser Testphase war. Ich hatte zwar im letzten Meeting vor der Testphase darauf hingewiesen, aber anscheinend kam dies nicht an. Prompt habe ich die Agenda für das nächste Meeting angepasst, damit das auch ja nicht nochmal passiert.
Übrigens habe ich damals in meinem Interpretations-Aufsatz mit dem "Thema verfehlt" etwas völlig anderes hineininterpretiert als mein Lehrer. Die Diskussion mit diesem Sturkopf war nicht möglich (okay ich war damals 12 und noch viel zu lieb). Als wir einen benoteten Interpretations-Aufsatz schreiben sollten ging ich das Thema anders an: ich schrieb einfach alle möglichen Interpretationen hinein die mir möglich waren. Ich interpretierte ALLES. Von vorne bis hinten! Ergebnis: die ganze Klasse hat das Thema verfehlt, weil die gesuchte Interpretation nicht da war. Die ganze Klasse, außer...dem Helden. Dieser hat ein einem Beisatz das Thema angeschnitten. Ergebnis: Note 2.

Mittwoch, 1. Februar 2012

verbale Entgleisung

Das von mir das ein oder andere Schimpfwort kommt ist keine Seltenheit. Ich fluche an und für sich nicht gern, aber wenn dann nur über mich selbst oder Dinge ohne Emotionen (Schraubverschlüsse, Programmiersprachen, Software, Hardware, ...).
Heute jedoch habe ich tatsächlich einen Menschen zusammen geschissen. So sehr, dass diese komplett verunsichert und sprachlos war.
Ich war mit dem Wagen unterwegs und an einer unübersichtlichen Ausfahrt einer Fußgängerzone. Es war noch dunkel draußen. Als dann endlich von links und rechts nichts mehr kam trat ich auf's Gas und eiligst wieder auf die Bremse. Direkt vor meiner Motorhaube, keine 10 cm entfernt stand eine Frau mit auf ihrem Fahrrad und gestikulierte wild. Sie bewegte auch den Mund, aber das verstand ich im Auto nicht. Ich öffnete die Fahrertür, stieg aus und es endluden sich 10 Jahre gesammelte Wut über Fahrradfahrer ohne Licht im Straßenverkehr mit den Worten: "Machen Sie gefälligst ihr scheiß Licht an! Sie blöde Kuh!"
Menschen anfluchen...mache ich sonst nicht. Vorallem nicht verbal ausfallend. Auch der Ton hätte dem Beelzebub alle Ehre gemacht.