Freitag, 12. August 2011

Hobby-Analytiker

Zugreisen können wirklich interessant und amüsant sein. Erst heute wieder war ich unterwegs von NRW in Richtung Hannover. In einer kleinen Bimmelbahn gab es ein Energiebündel von geschätzten 8 Jahren. Ständig auf den Beinen und am umher wirbeln. Was allerdings wesentlich interessanter war, war sein Verhalten. Er hatte einen konstant provozierenden, anspornenden Ton. Als würde er über alles meckern. Darüber, dass seine Mutter die Bilder die er malte nicht erkannte, darüber, dass seine Mutter eine ungenaue Ankunftszeit angegeben hat. Ihr merkt es selber schon, es bezieht sich reichlich auf die Mutter. Zur Mutter: geschätzte 36, vom Aussehen her eher 39. Verwuschelte Haare, übergroßes Sweatshirt, blaß-graue Jogginghose und Sneaker. Über zwei sitze gelegt, die Füße in der Luft baumelnd. Eher so der lockere Typ.
Als Hobby-Verhaltensanalytiker stelle ich nun folgende Theorie auf:
Der Sohn ist ziemlich angenervt vom Verhalten seiner Mutter. Die ZU lockere Art, ggf. ab und an eine zu häufig vorkommene Unpünktlichkeit. Daraus resultierende Probleme. Vielleicht auch eine gewisse Gleichgültigkeit der Mutter. Seine darauf unterbewusst gelernte Reaktion: Fordern. Ansporn. Aber nicht im sanften Ton, darauf würde die Mutter wahrscheinlich nicht reagieren. Im Gegensatz zu ihr saßen auch seine Klamotten perfekt. Pullover, Hose, Socken, Schuhe, alles da wo es hingehörte.
Ich suchte nach einem gegenteiligen Beispiel und bin dabei schnell fündig geworden. Ich selbst - aber nur zum Teil. Meine Mutter war stets darauf bedacht, dass ich das Haus in sauberen Klamotten verlasse. Mich zu benehmen weiß und lehrte mich meine Sprache und Tonlage den Situationen an zu passen. Was ist daraus geworden? In meiner Rebellenphase bekam ich lange schwarze Haare, lief in "bösen" Metall-Shirts umher und äußerlich verbreitete ich bei einigen Menschen wohl Angst und Schrecken. Wenn man mir nett begegnete war ich allerdings weiterhin der nette zuvorkommende Mensch. Aber auch meine Ansprüche waren simpel. Man saß da wo es passte (Wiesen, Felder oder am leicht runtergekommen Pfeiler auf dem Bahnhof).
War das unterbewusst eine Revolte gegen das konstant auf mich angewendete Verhalten? Ja doch.
Für alle verschreckten Großmütter und sensiblen Personen: ich bin fast wieder normal ;-)
Aber auch heute Suche ich gelegentlich die Abwechslung zu meinem sonst so braven zivilen Leben. Ich gehe zu Rock-Veranstalltungen, feiere mal die Nacht bis zum nächsten Morgen durch oder gammel zu Hause in lockerer Kleidung rum.

In diesem Sinne. Euer Hobby-Analytiker wünscht ein schönes Wochenende. Bis zum nächsten Abenteuer!

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